Geschichte der Kirche Neuenhagen-Süd

Neuenhagen-Süd von der Dorfstraße

Um 1250 wurde Bollensdorf unter der Herrschaft des askanischen Markgrafen Otto III. im Rahmen seiner Ansiedlungspolitik für germanische Siedler von dem beauftragten Lokator "Boldewin" angelegt. Das Dorf erhielt auch Kirchen- und Pfarrland, einen Pfarrer und eine einschiffige Kirche, von der wenn auch verputzt noch Teile erhalten sind. Auch sie wurde im Landbuch von Kaiser Karl IV. erstmals 1375 urkundlich erwähnt. Nach der Einführung der Reformation um 1540 wurde das Kirchengebäude vermutlich umgebaut. Ein Visitationsprotokoll aus dieser Zeit weist auf eine Kirche mit einem Holzglockenturm auf dem Dach hin. Die Glocken wurden vom Kircheninneren aus geläutet. Die Öffnung und Einfassung für das Glockenseil sind gut erhalten. Das Gebäude wird als länglicher Rechteckbau aus rohen Feldsteinen mit Rundbogenfenstern beschrieben.

Die Kirchengemeinde war bereits zu diesem Zeitpunkt eine Filiale der Parochie Fredersdorf. Sie gehörte zum Propsteibezirk Strausberg und damit zur Propstei Bernau, war jedoch immer selbständig mit einem eigenen Patronat, Presbyterium und Gemeindekirchenrat (seit 1860). Die Gemeinde erhielt 1837 wieder eine eigene Küsterei. Erst am 1.1.1955 wurde die pfarramtliche Verbindung zu Fredersdorf aufgelöst, die Gemeinde erhielt ihre volle Selbständigkeit als Kirchengemeinde Bollensdorf mit einem eigenen Pfarrer. Das Patronat übernahmen seit dem 15. Jahrhundert über 300 Jahre bis 1749 die Gutsherren von Görtzke, danach zwei Generationen die Familie von Podewils und schließlich für drei Generationen bis 1912 die Familie Kelch.

Ort und Kirche wurden vermutlich 1422 durch die Hussiten, später nochmals im Dreißigjährigen Krieg und schließlich während der napoleonischen Besetzung 1806 zerstört. Mindesten zwei Pestepedemien hatten ähnliche Auswirkungen. Die im hiesigen Gutshof geborenen Joachim Ernst (1611) und Caspar Melchior (um 1620) von Görtzke, die maßgeblich an der Aushandlung des Westfälischen Friedens in Münster beteiligt waren, ließen das Dorf wieder aufbauen und statteten die Kirche neu aus mit Hochaltar, Leuchtern, Abendmahlsgefäßen, Kanzel und Taufbecken. Zwei hölzerne Brüstungsfelder mit Widmungen für die Eltern der Familie von Görtzke aus dem Jahre 1621 existieren noch und wurden 2006 restauriert wieder im Kircheninneren aufgehängt. Mit einer Widmung J. E. von Görtzkes von 1651 ist noch ein kunstvoll gefertigter Abendmahlskelch vermutlich aus der vorreformatorischen Zeit vorhanden. Wieder erworben wurde im November  2011 eine besonders kunstvoll gefertigte achteckige Taufschale aus purem Zinn von 1651 mit einer Gravour der Stifterin Doratea Hedebick von Wersterhagen, der Ehefrau von Caspar Melchior von Görtzke. Diese Taufschale befand sich bis 2009 in der bedeutenden Zinngeräte-Sammlung des privaten Leopoldmuseum in Wien.

An die von Görtzkesche Patronatsfamilie erinnert ebenfalls ein Sandsteinepitaph von 1717, das sich heute an der westlichen Kirchenaußenwand befindet und den Tod von 3 Jugendlichen anzeigt, die offenkundig keinen Platz mehr in der unterirdischen v. Görtzkeschen Familiengrabstätte gefunden haben. Die vorhandene Glocke (Stimmung "d" ) stammt aus dem Jahre 1520. Zwei wertvolle jüngere Glocken haben die beiden Weltkriege nicht überlebt, wie zum Beispiel die von Vitus Siebenbaum 1664 in Cölln gegossene Bronzeglocke. Die jetzige Glocke stammt von einem Sammellager in Hamburg und ist nach dem ersten Weltkrieg hier aufgehängt worden.

Im Jahre 1854 übernahm der Berliner Kaufmann Karl Eduard Kelch das Rittergut mit dem Kirchenpatronat. Die Familie ließ den baufälligen Holzglockenturm abreißen und ab 1856 die Kirche umbauen zu der noch heute vorhandenen einschiffigen neugotischen Kirche mit fünfeckiger Apsis und dem angebauten Kirchturm. Die aus dieser Zeit stammende Ausstattung (Altar mit 2 Ölgemälden, Altargefäße, Kanzel, Taufbecken, Gestühl) sind 1960 gegen den langen Widerstand des Gemeindkirchenrates auf Geheiß des Konsistoriums entfernt und vernichtet worden.

Die 1870 von Frau Kelch gestiftete Orgel (H. Wittig, Berlin) wird heute noch genutzt. Der von 1890-1927 hier tätige Pfarrer Friedrich Hosemann stiftete 1892 den jetzt benutzten Taufstein, in dem bisher eine vom Lehrerehepaar Haase anlässlich ihrer Silberhochzeit 1878 gestiftete Taufschale benutzt wurde. Im Jahre 1942 wurde das angebaute Gemeindehaus eingeweiht. Den 2. Weltkrieg überstanden die Gebäude fast unbeschädigt. 1951 wurden von der Werkstatt Katharina Peschel aus Berlin-Mahlsdorf fünf farbige Kirchenfenster mit den christlichen Symbolen Krippe, Taube, Kelch, Brot und Lamm eingesetzt.

Im Jahre 1876 hat Theodor Fontane die Kirche besucht und seine Bollensdorfer Eindrücke in seinem Roman "Vor dem Sturm" verarbeitet.

In den Jahren 1958 bis 1960 wurde die Kirche saniert und neu eingerichtet. Es folgten 1985 die Innenausmalung und 1989 der Turmaußenputz. Das 1961 vom Berliner Kunstschmied Fritz Kühn aus Stahl geschmiedete Altarkreuz mit Leuchtern schmückt den heutigen Altar. Die besondere Farbigkeit des Kreuzes und der Leuchter entstand durch Aufschmelzungen von vielen Kupferteilchen. Dieses besondere Verfahren hat Fritz Kühn entwickelt.

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