Gespräch zwischen Hartmut Rank und Wolfgang Raack in Neuenhagen im Mai 2019
Hartmut Rank ist 1939 in Möschlitz bei Schleiz im Saale-Orla-Kreis geboren und feierte erst vor kurzem seinen 80. Geburtstag. Er wohnt seit 1965 in Neuenhagen und ist seitdem in unserer Gemeinde aktiv.
Wolfgang: Lieber Hartmut, wie hat es dich aus Thüringen nach Neuenhagen in Brandenburg verschlagen?
Hartmut: Ich bin aus beruflichen Gründen nach Neuenhagen gekommen. Bis 1961 habe ich an meinem Geburtsort in Möschlitz gewohnt. Ich bin dann auf die Fachschule nach Wismar gegangen und habe dort elektrische Anlagen und Geräte studiert. Bis 1964 war ich dort. Nach der Ausbildung habe ich zuerst in Niederschlema eine Stelle angenommen. Aber nach nur sechs Monaten hatte ich die Möglichkeit in Neuenhagen im Umspannwerk eine Arbeit zu bekommen. Und da habe ich die Gelegenheit genutzt und bin hierhergekommen.
Wolfgang: Warst du denn damals schon verheiratet?
Hartmut: Ja, ich habe in Wismar meine Frau Brigitte kennengelernt und wie das früher so war, haben wir ziemlich schnell geheiratet, nämlich am 8. August 1964, ein schönes Datum. Ich bin bis heute mit ihr glücklich verheiratet und wir haben zwei Kinder, die hier geboren sind auch noch in Neuenhagen wohnen.
Wolfgang: Und wie bist Du zur Kirche gekommen?
Hartmut: Naja, in Thüringen war man sehr evangelisch und auch meine Eltern und Geschwister waren in der Kirche. Ich war der jüngste Sohn und sozusagen das Nesthäkchen. Deshalb war es keine Frage, dass ich getauft wurde. 1953 wurde ich konfirmiert und danach war ich in der Jungen Gemeinde aktiv. Ich war Mitglied im örtlichen Posaunenchor dessen Leiter ich dann wurde. Und da ich musikalisch schon immer sehr interessiert war, habe ich noch Klavierunterricht genommen. Bis zu meinem Weggang aus Möschlitz im Jahr 1961 habe ich quasi alle Blechblasinstrumente die es so gab gespielt. Mit meinem Weggang aus Möschlitz musste ich auch die Leitung des Posaunenchores aufgeben, was mich traurig machte, denn das hatte mir immer viel Freude bereitet.
Wolfgang: Und wie ging es weiter?
Hartmut: In Wismar habe ich viel für mein Studium gelernt und ich hatte meine Frau kennengelernt. Aber der Kirche war ich auch dort verbunden.
Wolfgang: Und hier in Neuenhagen?
Hartmut: Als wir hierher kamen gab es faktisch keine aktive Kirchengemeinde. Erst Ende 1965 kam Pfarrer Krüger, mit dem es dann besser wurde. Dem Kirchenchor, der von der Kantorin Schubert geleitet trat ich dann bei. Das ging dann so bis 1968. Aber je länger wir hier wohnten, desto mehr Mitstreiter haben wir kennengelernt. Und wir haben auch damals zusammen gesungen und viel diskutiert. 1977 kam dann Pfarrer Linke und Hartmut Bernd, der leider viel zu früh gestorben ist, gründete dann einen neuen Chor. Meine Frau und ich waren von Anfang an dabei. Aber das heißt nicht, dass ich während dieser Zeit nicht in der Kirche aktiv war. 1972 wurde ich in den damaligen Gemeindebeirat gewählt und 1974 wurde ich Mitglied im Gemeindekirchenrat.
Das dies nicht nur Vorteile hatte, habe ich dann auch gemerkt, weil die damalige Staatssicherheit der DDR versucht hat mich anzuwerben um den Pfarrer zu bespitzeln. Aber das hatte ich rundheraus abgelehnt und später wurde ich auch nicht mehr gefragt. Zwischen 1977 und 1980 war ich zeitweise stellvertretender Vorsitzender des Gemeindekirchenrates. 1980 habe ich mich dann aus verschiedenen Gründen nicht mehr in den Gemeindekirchenrat wählen lassen.
Aber im Chor war ich die ganze Zeit, was mir große Freude bereitet hat. Wir haben damals viel im Chor zusammen unternommen und es war eine sehr schöne Zeit. Auch beruflich war alles in Ordnung, ich war im Umspannwerk Abteilungsleiter. Meine Abteilung war maßgeblich an der Entwicklung eines Verfahrens beteiligt, wie man Reparaturen an Hochspannungsleitungen (bis 380 kv) durchführen konnte, ohne den Strom dafür abzuschalten.
Wolfgang: Und deine Arbeit im Gemeindekirchenrat?
Hartmut: Es war damals schwierig und eine meiner ersten „Amtshandlung“ an der ich beteiligt war, war 1974 der Verkauf von 18.000 qm kirchliches Gemeindeland um in Neuenhagen einen Sportplatz bauen zu können. Der Verkaufspreis war schon für damalige Verhältnisse eher lächerlich. Aber diesen Sportplatz hat Neuenhagen immer noch und auch Sport ist für den Geist wichtig. Erst 1989 habe ich wieder für den Gemeindekirchenrat kandidiert und auch gewählt worden. Erst im Jahr 2010 bin ich dann endgültig aus dem aktiven Dienst im Gemeindekirchenrat ausgeschieden. Unter Pfarrer Leu war ich von 1995 bis zum Ende Vorsitzender dieses wichtigen Gremiums. In dieser Zeit haben wir viel bewegt. Es wurden die Kirchen in unserer Gemeinde saniert und die lange Friedhofsmauer in der Rudolf-Breitscheid-Allee im Jahr 1996. Ich habe mich immer für den Erhalt der Mauer eingesetzt, andere wollten die Mauer einreißen und dafür einen Zaun setzen. Aber seien wir mal ehrlich, um einen alten Friedhof gehört eine Mauer, besonders dann, wenn schon eine vorhanden ist. Und sie ist ja auch wirklich schön geworden. 1996 wurde auch mit der Sanierung der Kirche in Dahlwitz begonnen und das war ein Kraftakt, wegen des Dachstuhls und Glockenturms. Ich habe da viel mitgeholfen. Aber die Sanierung hat sich gelohnt, die Kirche in Dahlwitz ist ein richtiges Schmuckstück geworden. Und letztendlich viel dann noch der Zusammenschluss der ehemaligen selbstständigen Gemeinden Neuenhagen-Dahlwitz mit der Verheißungskirchengemeinde in Bollensdorf in meine aktive Zeit, heute Kirche Neuenhagen-Süd im Jahr 1999. Schon seit 1997 hatten wir gemeinsame Sitzungen der Gemeindekirchenräte.
Aber woran ich mich besonders gerne erinnere war die Wiederbeschaffung von zwei Glocken für die Kirche in der Carl-Schmäcke-Straße. Dank einer Spendenaktion des Musikpodiums Neuenhagen-Hoppegarten konnten wir bei der Firma Perner in Passau zwei neue Bronzeglocken gießen lassen, die 460 kg schwere Agnus-Dei-Glocke und die 200 kg schwere Laudate-Dominum-Glocke. Ich organisierte eine Busfahrt nach Passau zum Glockenguss. Es waren über 40 Gemeindemitglieder aus Neuenhagen und Dahlwitz beim Glockenguss anwesend. Die neuen Glocken wurden dann in einem feierlichen Akt duch die Gemeinden gefahren. Es war am 21. Mai 2005 ein sehr feierlicher Tag für mich, da im Rahmen eines Gottesdienstes die Glocken geweiht wurden und wieder alle drei Glocken erklangen. Ich weiß noch, dass ich die Bibel im Gottesdienst getragen habe. Das ist eine sehr schöne Erinnerung an meine Arbeit im Gemeindekirchenrat.
Wolfgang: In deiner Zeit als Vorsitzender wurde ja unglaublich viel gemacht und du musstest viel entscheiden. Da hatte man schon viel Verantwortung. Und wie hast Du die Wende erlebt?
Hartmut: Es war eine aufregende Zeit mit vielen Unbekannten. Ich konnte zum Glück weiter im Umspannwerk arbeiten und war nach der Wende dort Leiter des technischen Büros. Auch diese Arbeit war sehr interessant, besonders die Zusammenarbeit mit den Kollegen aus dem Westen, für die unsere „Arbeit und Spannung“ an Hochspannungsfreileitungen nicht bekannt war. Ich bin dann 1999 in den Vorruhestand gegangen, wie das ebenso ist. Bis zur regulären Rente war ich 32 Monate arbeitslos, aber das hat mich auch nicht erschüttert.
Wolfgang: Du hast bisher ein sehr erfülltes Leben gehabt, und du bist sicher auch als Rentner noch aktiv?
Hartmut: Als Rentner hat man ja wenig Zeit. Der Tag ist gut ausgefüllt und wir haben keine Langeweile. Ich bin weiterhin im Kirchenchor, genau wie meine liebe Frau Brigitte. Außerdem singe ich noch im Berolina Chorensemble in Köpenick und bin ich im Vorstand des Musikpodiums, die damals durch die Spendenaktion die Beschaffung der Glocken ermöglicht haben. Darüber hinaus bin ich noch im Seniorenclub des Umspannwerkes aktiv tätig und auch im Seniorenbeirat der Gemeinde Neuenhagen. Und ab einem gewissen Alter muss man sich auch durch Sport fit halten. Wir machen einmal wöchentlich Gymnastik, damit die alten Knochen nicht einrosten. Und Reisen tun wir auch noch gerne. Vor zwei Jahren waren wir in Südafrika, jetzt machen wir eher zweimal im Jahr kleinere Reisen.
Wolfgang: Ich sehe schon, bei Dir kommt keine Langeweile auf. Vielen Dank für dieses Interessante Gespräch, ich wünsche Dir weiterhin viel Gesundheit und noch viele Erlebnisse.
Wolfgang Raack im Mai 2019